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3.4.2012 um 13:56 Uhr #16224
Hallo!
Wir sind ein Schichtbetrieb und haben 4 Mitarbeiterinnen, die nun in Elternteilzeit sind. Können diese MA’s auch in einem Schichtbetrieb verlangen, dass sie nur vormittags arbeiten? Gibts da vielleicht irgend ein Urteil dazu?
mfg + Danke
Sonja3.4.2012 um 23:25 Uhr #23999Hallo Sonja!
Eine Judikatur gibt es dazu, erschienen in der PV-Info März 2007::
PV-Info 3/2007, 35
Themen:
Urlaub, Pflegefreistellung, Dienstverhinderung, Karenz, Sonderfälle von Teilzeitarbeit > Unterbrechungen > ElternteilzeitErste Entscheidungen zur Elternteilzeit
Mag. Christa Kocher
Seit 1. 7. 2004 besteht für Eltern zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Möglichkeit, die Arbeitszeit zu reduzieren oder bei gleicher Stundenanzahl die Lage der Arbeitszeit an die Bedürfnisse der Kinderbetreuung anzupassen (= Elternteilzeit). Dass dies in der Praxis nicht immer einvernehmlich mit dem Dienstgeber geschehen kann, war zu erwarten. Die nachstehenden Entscheidungen (in allen war der sog „große Anspruch“ gegeben und der Dienstgeber Kläger) zeigen zumindest eines ganz deutlich: Muss durch das Gericht eine Interessenabwägung vorgenommen werden, so wird jede Entscheidung letztlich zur Einzelfallentscheidung, die für die Praxis bestenfalls eine Entscheidungshilfe ist, durch die sich aber keine genaue Vorhersage treffen lässt.Sachverhalt
Arbeits- und Sozialgericht (ASG) Wien vom 3. 12. 2004, 34 Cga 199/04i
Die Dienstnehmerin, Abteilungsleiterin einer Marketingabteilung, beantragte Elternteilzeit im Ausmaß von 8 Wochenstunden, jeweils Donnerstag 9.30 bis 18 Uhr. Der Dienstgeber lehnte dies ab und bot mit Verweis auf die Tätigkeit als Abteilungsleiterin Elternteilzeit im Ausmaß von 32 Wochenstunden (Mo – Do) an.Entscheidung
Laut ASG sind die betrieblichen Interessen zu berücksichtigen, und derartige Interessen liegen insbesondere dann vor, wenn die Teilzeitbeschäftigung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt und Maßnahmen zur Verhinderung dieser Beeinträchtigung, insbesondere die Aufnahme von Ersatzkräften, nicht möglich sind oder unverhältnismäßige Kosten verursachen. Durch die bereits erfolgte Aufnahme von Ersatzarbeitskräften und die Umstrukturierungsmaßnahmen signalisierte der Dienstgeber eindeutig, dass es ihm möglich war, Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung durch den Abgang der Klägerin zu setzen. Dass damit unverhältnismäßig hohe Kosten verbunden waren, wurde nicht behauptet. Die Interessen der Dienstnehmerin an der persönlichen Betreuung ihres Kindes überwiegen.Sachverhalt
LG Wels vom 5. 4. 2005, 10 Cga 11/05g
Die Dienstnehmerin einer Handelskette begehrte Elternteilzeit im Ausmaß von 20 Wochenstunden, ausschließlich vormittags. Dagegen brachte der Dienstgeber Klage ein und begehrte eine flexible Lagerung der Arbeitszeit (verteilt auf Mo – Sa, 8.00 – 18.00 Uhr), wobei die genaue Lage der Arbeitszeit 4 Wochen im Voraus bekannt gegeben werden sollte. Der Dienstgeber hat ca 4.000 Mitarbeiter, die Hälfte davon in Teilzeitbeschäftigung. Er brachte vor, dass er während der gesamten Öffnungszeiten Personal zur Verfügung haben und eine Bevorzugung dieser einen Dienstnehmerin hintanhalten wolle.PV-Info 3/2007, 36Entscheidung
Das Gericht wies das Klagebegehren ab. Es prüfte unter den gleichen Gesichtspunkten wie das ASG Wien und kam zu dem Ergebnis, dass die Ungleichbehandlung als Ausfluss des MSchG erlaubt sei und Nachteile aufgrund der fixen Zeiten der Dienstnehmerin durch die Einstellung von mit wenigen Stunden beschäftigten Ersatzkräften begegnet werden kann; die Kosten wären dadurch nicht übermäßig. Würde aber die Dienstnehmerin flexibel eingesetzt, wäre neben dem Kindergarten eine zusätzliche Betreuung nötig. Dies würde zu organisatorischen Schwierigkeiten und zu erhöhten Kosten führen, was der Intention des Gesetzes , nämlich die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie , widersprechen würde. Die Interessen der Dienstnehmerin überwiegen, eine flexible Arbeitszeiteinteilung ist ihr nicht zumutbar.Sachverhalt
LG Graz vom 21. 7. 2006, 38 Cga 96/06i
Die Dienstnehmerin, die vor der Geburt ihres Kindes als Vollzeitbeschäftigte in Wechselschicht gearbeitet hatte, begehrte Elternteilzeit in der Form, nur mehr die Vormittagsschicht machen zu wollen, ohne Reduzierung der Arbeitszeit. Der Dienstgeber lehnte diesen Wunsch ohne ein Gegenangebot ab. Er begründete dies damit, dass sich kein Mitarbeiter nur für die Nachmittagsschicht bereitfand. Es wären daher die Kündigung eines Mitarbeiters und das Anlernen eines neuen Mitarbeiters (Anlernkosten: € 18.000,–) nötig. Weiters müsste ein neues Schichtmodell samt neuer Urlaubsregelung eingeführt werden.Entscheidung
Obwohl der Dienstgeber keinen Gegenvorschlag einbrachte, wurde dem Klagebegehren stattgegeben, und die Dienstnehmerin musste weiterhin 38,5 Stunden in Wechselschicht arbeiten, da die Interessen des Dienstgebers überwiegen.Auswirkungen auf die Praxis
Wie aus den beiden ersten Entscheidungen ersichtlich, stellen die Gerichte eher ein Überwiegen der Dienstnehmerinteressen fest, dem Dienstgeber dagegen werden Umstrukturierungsmaßnahmen, Einstellung von Ersatzkräften, zusätzliche Kosten usw zugemutet. Daher sollte man als Dienstgeber einen für das Unternehmen, aber auch für den betreffenden Elternteil noch akzeptablen Vorschlag zur Teilzeit unterbreiten. Muss der Prozessweg beschritten werden, so tut man gut daran, ein bereits „Kompromiss signalisierendes“ Modell zu präsentieren, da das Gericht nur die Möglichkeit hat, sich für einen der beiden Vorschläge zu entscheiden, eine Zwischenlösung gibt es nicht (anders beim „kleinen Anspruch“, bei dem die Elternseite als Kläger auftritt). Auch sollte man sich auf die Entscheidung des LG Graz, wonach man den Prozess auch ohne Gegenvorschlag gewinnen kann, nicht zu sehr verlassen. Das Urteil war im Anlassfall zweifellos gerechtfertigt (Schichtarbeit), PV-Info 3/2007, 37widerspricht aber doch dem Gesetzeswortlaut (§ 15k MSchG: „… hat der Dienstgeber … die Dienstnehmerin auf Einwilligung in die von ihm vorgeschlagenen Bedingungen … der Teilzeitbeschäftigung zu klagen “).Ein Instanzenzug ist im Verfahren nicht vorgesehen (was laut OGH sachlich gerechtfertigt ist). Lässt man sich als Dienstgeber auf ein Verfahren ein, ist es daher wichtig, ein umfangreiches Vorbringen zu erstatten, warum das von der Dienstnehmerseite vorgeschlagene Modell im Unternehmen nicht möglich ist (Organisation, Arbeitsablauf, Sicherheit im Betrieb, Kosten, betriebswirtschaftliche Unmöglichkeit).
LG
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